Marder, der flexible Anhänger

Marder4, Deichsel im Handwagen-Betrieb

Marder 4 verstaut in Koffergröße

Marder5, hier mit 26" Rädern

Gesamtansicht Marder mit ebike

Marder2 mit hinten offener Wanne

Marder1

Roadtrain: Marder3 hinter CarlaCargoClon hinter lastenrad

Bauanleitung “Marder”

Warum einen Marder bauen?

Masse: ca. 20 kg
Zuladung: bis zu 100kg bei geeignetem Zugfahrrad (gute Bremsen!)

Beim Marder versuchen wir, soviele Bauteile wie möglich durch Upcycling zu gewinnen und dadurch einen sehr belastbaren und flexiblen Anhänger zu bauen. Rollstuhlräder sind stark und oft kostenlos von ausgemusterten Rollstühlen (Sanitätshaus) zu bekommen, wenn lieb gefragt wird.

Mulde voller Schrott Rollstühle

Vierkant-Stahlrohre (Schrotthandel) sind leicht zu bearbeiten und die Dimensionen des Anhängers können ohne Festigkeitsbedenken angepasst werden. Vom Marder sind Tieflader-, Wannen-, und sogar eine Planenvariante unterwegs.

Der Anhänger kann sehr günstig gebaut werden – unser Rekord liegt bei 30€ Materialkosten und 8h Arbeitszeit.

Eigenbau-Kupplung möglich – keine Abhängigkeit von proprietären Kupplungen (siehe „Kupplung“)

Nachteile?

Vollgummireifen holpern auf grobem Untergrund und sind laut. (Ausweg: Umspeichen, siehe „Laufräder“)

Ersatz für die Laufräder kann schwer zu bekommen sein

Stahl-Eigenbau ist schwerer und nicht immer hochglänzend

Geschweißte Konstruktion als Einstiegshürde (Ausweg: Workshops)

Der Rahmen

Grundsatzfrage: Größe und Bauart

Wir nehmen am liebsten Euroboxen 40x60cm als Grundlage für die Bemaßung. Für einen mittelgroßen Anhänger planen wir 82cm Innenlänge (für zwei Euroboxen hintereinander) und 65cm Innenbreite (etwas breiter als die Euroboxen wegen der Achsstummel).

Der Marder kann auch für drei ode mehr Euroboxen hintereinander gebaut werden (120cm länge, siehe Marder3 oder 10).

Die Boxen können beliebig hoch gestapelt werden, aber natürlich muss der Schwerpunkt berücksichtigt werden. Je niedriger, desto besser. Deshalb bauen wir beim Marder eine Wanne, um die Ladefläche deutlich tiefer als die Achsen zu setzen. 15-20cm Bodenfreiheit sind absolut ausreichend, das ist niedriger als bei den meisten im Handel erhältlichen Anhängern und sorgt für stabile Fahreigenschaften. Ein so gebauter Marder ist uns beladen noch nicht umgefallen, unbeladen besteht da ein etwas höheres Risiko.

Die Wanne kann hinten verschlossen sein, oder alternativ kann ein offenes Ende gebaut werden um Boxenstapel oder sonstige Aufbauten leicht nach hinten rausziehen zu können.

Es sind alle denkbaren Aufbauten möglich. Wir haben bisher Varianten mit einfachen Zurrpunkten, abnehmbaren Seitenwänden oder sogar einen Planenaufbau gebaut.

Alle Rahmenteile, lackiert vor der Endmontage

Rahmen Marder2 hinten offen

Mögliche Extras

Eine oder zwei Parkstützen können manchmal sinnvoll sein, z.B. bei Standeinsätzen. Es kann nemben den hier gezeigten selbstgebauten stützen auch MittelbauStänder vom Fahrrad eingebaut werden, da gehts ausklappen schneller. Soll der Marder auch als Handwagen genutzt werden, kann eine Halterung angebaut werden um die (Tief)-Deichsel zur Hochdeichsel umzustecken. Schutzbleche, in Kombination mit Seitenwänden.

Zurrpunkte.

Rahmen-Zubehör: aufsteckbare Seitenwände, Hochdeichseladapter mit Stützfuß, Deichsel

Hochdeichselaufnahme mit stützfußaufnahme Seitenansicht

Detail Seitenwand-Aufnahme mit Sicherung

Zurrpunkte, aus Flachstahl oder Stangen gebogen.

Rückfahrsperre

Wer plant bis zu 100 kg zu transportieren und manchmal steile Straßen hoch muss, sollte über eine Rückfahrsperre nachdenken. Die Rückfahrsperre haben wir erst 2024 entwickelt, sie kann besonders auch an größeren Hängern wie Carla-Cargo Sinn ergeben, nicht nur am Marder. Denn wer beim Berauffahren anhalten muss, kann bei schwerer Beladung große Schwierigkeiten bekommen, einen Hänger zu halten, der rückwärts den Berg runterrollen will. Auch eine Auflaufbremse hilft hier leider garnichts. Die Rückfahrsperre schleift auf dem Reifen und blockiert ihn, sobald das Rad rückwärts gedreht wird. Dadurch wird die Rückwärtsfahrt unterbunden. Dieses Teil ist noch in der Entwicklung. die Funktionsweise ist noch recht primitiv: Wenn bergab oder in der Ebenen gefahren wird, kann die Rückfahrsperre deaktiviert werden indem sie einfach nach hinten geklappt wird. Bevor dann ein steiler Berg hochgefahren wird, muss sie aktiviert werden indem sie an den Reifen gelegt wird. Falls wer diese Idee weiterentwickelt, bitte lasst es uns wissen!

Bau

Bauvorbereitung

Alle Stahlrohre von Rost und Fett befreien. Wir nehmen dafür gerne eine abgenutzte Fächerscheibe am Winkelschleifer.

Rohre anschleifen

Teileliste und Zuschnitt

Teileliste, hier vom Marder 5 mit hinten offener Wanne. Wenn die Wanne hinten geschlossen gebaut wird entfallen 2x "Grundrahmen Absenkung".

Bezeichnung	Querschnitt	Norm / Kommentar	Länge [mm]	Breite [mm]	Höhe [mm]	Schnittlänge [mm]	Anzahl	Länge gesamt [m]
Bodenwanne	1040*840*5	Alu-Dibond	1040	840	5	1100	1	1,1
Grundrahmen links/rechts	30*30*2	Stahl Quadratrohr	880	30	30	880	2	1,76
Grundrahmen vorne/hinten	30*30*2	Stahl Quadratrohr	700	30	30	700	2	1,4
Grundrahmen Absenkung hi li/re (nur bei hinten offener Wanne)	30*30*2	Stahl Quadratrohr	150	30	30	150	2	0,3
Deichsel	30*30*2	Stahl Quadratrohr	600-750	30	30	750	1	0,75
Zurrpunkte	5	Rundstahl/Bandstahl	100	25	5	100	6	0,6
Vierkant-Stummel für Aufbau	25*25*2	Stahl Quadratrohr	40	25	25	40	4	0,16
optional: Vierkant-Stummel für Radkasten	25*25*2	Stahl Quadratrohr	70	25	25	70	4	0,28
Halter Standfuß		U-Stahl					2	0

Alle Bauteile abmessen und gleich im Winkel zuschneiden. Gründlich arbeiten bei den 45°-Schnitten; gute Schnittkanten erleichtern das Schweißen. Achtung! Die hinteren Schnittkanten von "Grundrahmen links/rechts" unterscheiden sich, je nachdem ob offene oder geschlossene Wanne gebaut wird.

Günstige Rohre sind meistens geschweißt, nicht nahtlos. Die Schweißstellen sind härter und schwer zu bohren – am besten gleich von Anfang an bei der Ausrichtung mitplanen, wo später gebohrt wird.

Die Tiefdeichsel sollte ca. 30cm nach vorne überstehen und dann im 45°-Winkel zur Kupplung führen. Genaue Länge hängt von eurem Zugfahrrad (Reifengröße) ab. Üblich sind zwischen 20 und 30 cm. Je nach ausgewähltem Kupplungssystem muss noch die Länge der Kupplung abgezogen werden.

Idealerweise wird die Deichsel so bemessen, dass der Anhänger zentriert hinter dem Zugfahrrad läuft und in gekuppeltem Zustand nicht nach vorne oder Hinten geneit ist. Das passt in der regel mit Rollstuhlrädern und 26"/28" Zugfahrrädern ganz gut. Es kommt hier aber nicht auf die letzten Zentimeter an 😊

Bohren

Wenn möglich, sollten alle Bohrungen in einer Ständerbohrmaschine erfolgen. Das ermöglicht genaue, parallele Bohrungen vor allem für die Achsaufnahmen. Falls keine Ständerbohrmaschine vorhanden ist, ist es hilfreich auf genaues Messen und auf sauberes Ankörnen zu achten, damit der Bohrer nicht verläuft.

Für die 16mm-Bohrungen der Achsaufnahmen nehmen wir einen Stufenbohrer. Kleines Loch vorbohren und dann stufenweise aufbohren.

Maße

Siehe Skizzen. Wir bauen den Marder meistens mit 65x82 cm Innenmaß, sodass 2 Eurokistenstapel reinpassen. 65 cm Breite, damit die Eurokisten an den Achsstummeln vorbei passen. Natürlich können die Maße nach euren Bedürfnissen angepasst werden; es gibt auch extralange Marder für drei Eurokistenstapel.

skizze Marder und "Stuttgart-Kupplung"

Rahmen mit Deichsel vor dem Schweißen

Schweißen

Wir nutzen am liebsten Mig/Mag oder WiG-Geräte, aber auch mit Elektrodenschweißen können gute Ergebnisse erzielt werden, wenn die Rohre Wandstärken von mindestens 1,5mm aufweisen. Schöne Schweißnähte sind optional, der der Rahmen ist völlig überdimensioniert und verzeiht daher schlechte Bearbeitung.

Die Wanne

Um einen niedrigen Ladungsschwerpunkt zu erreichen, bauen wir eine Wanne. Dabei können verschiedene Materialien genutzt werden, wir nutzen gerne Zuschnittreste oder Bleche vom Schrott.

die Wand-Bleche der Wanne, vor dem abkanten

Wanne fertig, vor dem Einbau

Die Bodenplatte

Die Bodenplatte sollte nicht zu dünn sein, damit der Anhänger nicht zu laut wird und sie nicht durchbiegt. 2mm Aluminiumblech ist das Minimum. Besser ist 3-5mm Alu-Dibond oder eine Multiplex-Holzplatte. Die Bodenplatte sollte ca. 1cm schmaler und kürzer als das Innenmaß vom Anhänger sein, damit sie leicht eingebaut werden kann.

Die Seitenwände

Die Seitenwände können sehr dünn sein, sogar 0,6mm Messingblech ist ausreichend stabil. Allerdings tragen sie dann auch zur Geräuschentwicklung bei. Wir empfehlen auch hier dickeres Material, zum Beispiel Abschnitte aus dem Selben Material wie dem Boden.

Die Kanten

Wenn Blech verwendet wird, biegen wir die unteren enden der Seitenwände ca. 2-3cm nach innen und nieten dann an der Unterseite an die Bodenplatte.

Alternativ kann auch ein Alu-Winkelprofil verwendet werden, dadurch muss mehr genietet werden, aber es kann auf das aufwendige biegen verzichtet werden.

Natürlich können Bodenplatte und Wände auch aus einem Stück gebogen werden, wenn es sich um Alublech handelt.

Für die Stabilität benötigt der Anhänger nicht unbedingt die Seitenwände. Die Aufhängung der Bodenplatte könnte beispielsweise auch aus Rohr gebaut werden. Aber gebogene Blechwände sind leicht und es muss weniger geschweißt werden, außerdem sind so weniger Bauteile nötig und die Wanne ist für Kleinkram "dicht".

Die Kupplung

Grundlagen

Freiheitsgrade

Die Kupplung benötigt viel Bewegungsfreiheit für Kurven, aber nur nur wenig zum nicken (über hügel fahren) und wenig zum rollen (in die Kurve neigen). Dafür kommt soetwas wie ein Kugelkopf gut in Frage. Wichtig ist bei einer Kupplung, dass sie stabil, möglichst spielfrei und einfach zu kuppeln ist.

Kräfte

Die Kräfte beim Fahren sind normal nicht so groß, außer ein Ruck geht durch den Hänger wenn z.B. über eine Kante gefahren wird oder wenn das Fahrrad umfällt. Besonders wenn Fahrrad oder Hänger umfallen gibt es ein hohes Risiko, dass die Kupplung oder etwas anderes Beschädigt wird. Deshalb sollte möglichst über eine Redundanz nachgedacht werden, z.B. eine Fangleine. Wenn der Hänger ausgeglichen Beladen ist, also nur wenig last auf der Deichsel liegt, wird auch beim Parken der Fahrradständer nicht übermäßig belastet.

Kaufen oder Bauen?

...eine Philosphie- und Geldfrage, für beide Varianten gibt es gute Argumente. Kupplungen mit einem Standard-Kugelkopf können sehr günstig (~7€ pro Zugfahrrad) hergestellt werden und haben sich auch bei großen Lasten bewährt. Die Befestigung am Fahrrad kann auf verschiedene Weisen erfolgen und muss individuell festgelegt werden.

Um das zu umgehen, kann als Kaufvariante z.B. die Weberkupplung (~ 40€ pro Hänger + ~ 40€ Pro Zugfahrrad) genutzt werden. Es gibt Varianten für viele Rahmenformen und Schaltungen. Die einfache Bedienung kann z.B. im Verleihbetrieb auch Probleme vermeiden und Barrieren reduzieren.

Befestigung am Fahrrad

Bewährt ist die Montage am linken Ausfallende unter Achsmutter oder Schnellspanner, mit einer Verdrehsicherung am Schutzblech/Gepäckträger-Montageloch. Wichtig ist dass die Kupplung nicht rotieren kann, sonst könnte sich die Achsmutter lösen. Es gibt unzählige verschiedene Bauformen der Ausfallenden, also muss eine Kupplung individuell für das Fahrad angepasst werden. Eine Zeichnung der Kupplung ist weiter oben zu finden. Es empfiehlt sich einen 10mm Rohrklappsplint (1€) als Verbindungselement zwischen Hänger und Fahrrad zu nehmen

Auflaufbremsen

Für hohe Zuladungen kann eine Auflaufbremse sinnvoll sein. Wir haben bisher auch noch keine einfache, zuverlässige Auflaufbremsmechanik gebaut. Evtl. könnte hier auf Kaufteile zurückgegriffen werden. Leider ist aufgrund von der Deichsellast an zweirädrigen Hängern der Bau einer Auflaufkupplung nicht einfach. Bei dreirädrigen Anhängern wie Carla-Cargo ist die Hochdeichsel nur auf Druck und Zug belastet, wodurch die Realisierung der Auflaufbremse einfacher ist.

Laufradseitig kann die Trommelbremsmechanik der Rollstuhlnaben weiterverwendet werden.

Auflaufbremse, hat nicht gut funktioniert

Laufräder

Rollstuhlräder sind praktisch und sehr stabil. Mit der Steckachse mit Schnellverschluss lassen die Räder sich auch schnell zur platzsparenden Lagerung des Marders entnehmen. Die meisten Rollstuhlräder haben Vollgummireifen, dadurch sind sie pannensicher, aber auch vergleichsweise laut und holprig. Da die Rollstuhlfelgen ein Sondermaß (24"x1 3/8) haben, können nicht einfach normale Fahrradreifen aufgezogen werden. Als Abhilfe kann das Rad auf eine normale 26 Zoll Hohlkammerfelge (Nippelsitz: ~530 (+-2) mm ERD, 36 Loch) umgespeicht werden - dann passen alle möglichen 26 Zoll (Luft-)Reifen, das rad ist trotzdem sehr stabil und der Marder rollt dann sehr ruhig.

Auch wenn 26 Zoll Räder an Anhängern eher ungewöhnlich sind, haben sie für den Marder den Vorteil, dass der Anhänger damit bei 26/28 Zoll Zugfahrrädern auf der gleichen Höhe rollt. Danke an stan aus dem Cargobikeforum für den Tipp!!

Auch Varianten mit 20 Zoll Laufrädern sind denkbar, dann ist der Marder zwar etwas nach hinten geneigt, für das Fahrverhalten aber kein Problem. Abhängig von der Laufradgröße kann die Tiefe der Ladefläche angepasst werden.

Fertigstellung

Achsaufnahmen

eingeschraubte Achsaufnahme Rollstuhlrad ohne Trommelbremse

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Achsaufnahme montiert mit Schraubensicherung

Farbe

Wir nutzen aus ökologischen Gründen lieber Pinsel als Sprühdosen.

mit dem Pinsel draußen hängend lackiert

Wimpel, Licht und Reflektoren

Der Marder kann sehr niedrig gebaut werden, daher ist eine gute Sichtbarkeit sehr wichtig. Eigenbau-Anhänger sind z.B. in Deutschland erlaubt, müssen dann aber auch die richtigen Reflektoren (Vorne und hinten an den Rändern, in den Rädern und möglichst ein Rücklicht haben, da Bei hoher Beladung das Rücklicht am Fahrrad bedeckt ist). Hier lohnt es sich, in Sicherheit zu investieren.

Weiterentwicklung, Spezialvarianten und Kontakt

Marder7 für Europalette

Marder Spezialaufbau, mit ICE-Koffer-Modus

Marder5, der mobile Infostand der Kidical Mass Stuttgart

Wir haben noch viel vor mit dem Marder und stehen gerne für Fragen und Verbesserungsvorschläge bereit. Diskussion am besten im Cargobikeforum.de in diesem Faden.